Schauen wir auf die spirituellen Bedürfnisse!
Zwei runde Jubiläen (400 Jahre Wiener Klosterkirche, 450 päpstliche Bulle „Licet ex debito“) bildeten den feierlichen Anlass für das Pastoraltreffen, zu dem sich am 9. November 2022 nicht nur mehr als 130 Pastoralratsmitglieder aus den unterschiedlichsten Brüder-Einrichtungen in Wien versammelten, sondern auch Generalprior Jesús Etayo und zwei weitere Generalräte aus Rom.
Damit sich Pater Generalprior Frater Jesús Etayo ein gutes Bild unserer Ordensprovinz machen konnte, startete der Tag mit der Vorstellung einiger beispielhafter Highlights: DGKP Monika Appel (Wien) und Mag. Joachim Aichinger (Linz) gewährten Einblick in die pastorale Betreuung der Patient*innen in unseren Krankenhäusern, Mag. Alexander Weiner (Kainbach) und Sr. Elisa Gadauer (Linz) zeigten das weite Betätigungsfeld von Pastoral und Seelsorge in unseren Lebenswelten für Menschen mit ganz unterschiedlichen Beeinträchtigungen, Karin Sasovics und Pflegedirektorin Sabine Sramek (beide Kritzendorf) stellten die pastorale Welt unserer Alten- und Pflegeheime vor, Departmentleiter OA Dr. Walter Müller (Klagenfurt) sprach über die Ambulante Geriatrische Remobilisation, ein wunderbares Beispiel für „hinausgehende Hospitalität“, OA Dr. Ursula-Maria Fürst und Dr. Ellen Üblagger (beide Raphael-Hospiz Salzburg) skizzierten ein sehr tröstliches Bild der Begleitung von Sterbenskranken beim Übergang vom Leben zum Tod.
Dass es auch ein reichhaltiges pastorales Angebot für Mitarbeitende unserer Einrichtungen sowie für die Studierenden an der Pflegeakademie Wien gibt, bewiesen Bettina Hanel (Eisenstadt) und Mag. Michael Oberforcher (Wien) mit einem kurzweiligen Video und einem kreativen Vortrag, der klarmachte, dass Spiritualität nicht etwas Abstraktes, Abgehobenes oder Aufgesetztes ist, sondern zum Alltag dazugehört.
Die Teinehmer*innen des Pastoraltreffens im Innenhof des Wiener Konvents der Barmherzigen Brüder
Nach dem feierlichen Gottesdienst und der Mittagspause referierte Generalprior Jesús Etayo über „Spirituelle Achtsamkeit im Betreuungsmodell des heiligen Johannes von Gott“ und brachte dabei den Kernauftrag der Barmherzigen Brüder auf den Punkt: „Unser Auftrag ist es, am Krankenbett zu stehen.“
Voraussetzung dafür ist ein barmherziges Herz – ein „sehendes Herz“, wie sich Pater Generalprior ausdrückte. Es befähigt uns, nicht wegzuschauen, sondern hinzugehen und anzupacken. „Es soll die Grundlage für all unser Handeln und Tun sein“, erklärt Pastoralratsvorsitzende DGKP Monika Appel (Stationsleitung Dialyse Krankenhaus Wien), die von der charismatischen Persönlichkeit des Spaniers beeindruckt ist. „Pater Generalprior hat außerdem eine faszinierende Zukunftsvision aufgezeigt und betont, wie wichtig eine fundierte Ausbildung für die Umsetzung von pastoralen Tätigkeiten ist. Hospitalität ist die DNA und das Erbgut des Hospitalordens, und unser Auftrag ist es, diesen Geist weiterzutragen.“ Monika Appel freut sich sehr, dass wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dabei so einen großen Rückhalt von den Brüdern bekommen und das nicht alleine stemmen müssen.
Was sich Martin Sibitz (Leitung Ergotherapie Krankenhaus Wien) vom Festvortrag mitgenommen hat ist, dass wir für alle da sind und dass wirklich jede/jeder von uns am Werk des Johannes von Gott mitarbeitet: „Wenn man das Haus betritt, kann man nicht nicht pastoral sein. Wenn man die Arbeit im Sinne von Johannes von Gott lebt, dann ist man auch pastoral tätig. Aber die konkrete spirituelle und religiöse Begleitung hat die Aufgabe, sich um die spirituellen und religiösen Bedürfnisse der Betreuten, ihrer Angehörigen und der Mitarbeitenden zu kümmern. Sie soll ökumenisch, interreligiös und offen für alle Personen sein und sich immer als Angebot und nie als Zwang verstehen.“
„Wie ein lieb gewonnener Urlaubsort“
„Ich war gestern sehr glücklich, einige Menschen nach Jahren wiederzusehen, mit denen ich Erinnerungen an vergangene Treffen und Feste teile“, bekundete OA Dr. Benedikt Nielsen (Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe Krankenhaus St. Veit) im Anschluss an die Veranstaltung. „Ich bin jetzt seit 24 Jahren bei den Barmherzigen Brüdern in St. Veit. Seit dieser Zeit bin ich auch im Pastoralrat und bin nach kurzer Zeit zu dessen Vorsitzenden ernannt worden.“ Dank solcher Begegnungen stelle sich ein ganz spezifisches „Brüdergefühl“ ein. „Dieses Gefühl ist schwierig zu beschreiben, aber sehr genau zu spüren. Vielleicht vergleichbar mit einem lieb gewonnenen Urlaubsort, mit dem man schöne Erinnerungen verbindet und wo verlässlich immer ‚alles beim Alten‘ ist. Es ist tatsächlich so – auch wenn die Formulierung vielleicht etwas verbraucht klingen mag – wie ein Treffen der ‚Brüderfamilie‘.“
Hilfe für besonders gefährdete Personengruppen
Da die Wahrnehmung der spirituellen Bedürfnisse des Menschen maßgeblich zu einem gesunden, glücklichen Leben beiträgt, bemüht sich der Orden, in allen seinen Einrichtungen eine „Kultur der spirituellen und religiösen Begleitung“ zu fördern und zu pflegen, mit großer Offenheit und Respekt vor der Würde und der Freiheit jedes Menschen. Unser besonderes Augenmerk gilt dabei all jenen, die aus ihrer Lebensspur geschleudert worden sind und nicht mehr weiterwissen. Konkret verwies Generalprior Frater Jesús Etayo auf Alleinstehende, Sterbende, Dialyse-Patienten, Menschen mit schweren Beeinträchtigungen und Missbrauchsopfer.
Wir wenden uns dem Menschen zu, es geht wirklich um gelebte Nächstenliebe – „Ich bin da für Dich!“ Im heutigen „Zeitalter der Spiritualität“ rücke diese Dimension des Menschseins immer mehr in den Fokus.