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Was sehen Sie als größte Herausforderung, um in Krisen wie z.B. Corona trotzdem resilient zu sein?
In Krisensituationen resilient, demnach trotz höchster emotionaler Anforderungen psychisch stabil zu bleiben, setzt eine gut ausgeprägte Fähigkeit zur Selbstfürsorge und das bewusste Wahrnehmen eigener Bedürfnisse und Belastungsgrenzen voraus. Auch Wissen über individuelle Möglichkeiten zur Stressreduktion und bei Bedarf auch die Möglichkeit auf soziale Unterstützungsressourcen zurückgreifen zu können, spielen bei der Stabilisierung des emotionalen Gleichgewichts eine wichtige Rolle. Menschen, die nun schon vor dem Ausbruch einer Krise mit belastenden Lebenserfahrungen (zB familiären Spannungen, Trennungen, Arbeitsplatzverlust, Erkrankungen...…) konfrontiert sind, verfügen möglicherweise gerade dann aber nicht über ihre vollste psychische Stabilität oder innerpsychische Verarbeitungsmöglichkeiten. Zusätzlich erschwerend mag dann auch das Auftreten weitere Belastungsszenarien (zB finanzielle Sorgen durch geringeren Verdienst während Kurzarbeit, Mehrfachbelastungen durch Arbeiten im Krisenmodus, soziale Isolation…) wirken.
Was sollten Menschen beachten, die sich belastet fühlen und Angst vor einer 2. Coronawelle haben?
Das Erleben einer Pandemie mit den damit verbundenen Einschränkungen und deutlichen Veränderungen der gewohnten und damit sicherheitsgebenden Alltagsabläufen, stellt für die meisten Menschen in Mitteleuropa eine vollkommen neue Erfahrung dar. Es erschüttert das grundsätzlich vorhandene Vertrauen ins Leben (man spricht hier vom sgn. Kohärenzgefühl) und konfrontiert mit der Tatsache, dass die Welt nicht immer verstehbar und kontrollierbar ist. Darauf mit emotionalen Symptomen zu reagieren, ist vorerst einmal eine tiefst menschliche und in diesem Sinne ganz normale Reaktion auf ein nicht- normales Auslöseereignis. Je nach grundlegender psychischer Stabilität können sich aber auch anhaltende Belastungssymptome wie Ängste, eine Neigung zum Grübeln und Sorgen zeigen. Hier gilt es folgende Faktoren zur Unterstützung der psychischen Stabilität zu berücksichtigen:
Welche Maßnahmen kann Jeder ergreifen, um die soziale Isolation für sich erträglicher zu machen?
Falls Sie durch Quarantänemaßnahmen gezwungen sind längere Zeit alleine zuhause zu verbringen, kann dies natürlich auch eine emotional belastende Erfahrung darstellen. Einige grundlegende Tipps können Sie dabei unterstützen diese herausfordernde Zeit leichter durchzustehen:
Wo können Unternehmungen und Führungskräfte die Resilienz bei Mitarbeitern fördern?
Grundsätzlich ist Resilienz, als Fähigkeit schwierige Lebenserfahrungen ohne anhaltende Beeinträchtigung der psychischen Stabilität zu erleben, vorerst einmal ein innerer Persönlichkeitsfaktor in Jedem von uns. In der Kindheit erlebte positive Erfahrungen von Wertschätzung, Unterstützung und Ermutigung ermöglichen sich psychisch widerstandsfähig zu entwickeln. Doch auch im Erwachsenenalter können wir die Weiterentwicklung der eigenen Resilienz fördern. Hierbei spielt zum Beispiel die Akzeptanz, dass Krisen und Herausforderungen nun mal immer wieder zum Leben dazu gehören eine wichtige Rolle. Gleichzeitig ist es wesentlich sich bewusst zu machen, dass ich bei der Bewältigung aber auch aktive Möglichkeiten der Einflussnahme und damit auch Möglichkeiten für sicherheitsgebende Kontrolle habe (Stichwort positives Selbstbild, Glaube an die eigenen Fähigkeiten auch herausfordernde Situationen zu meistern, Optimismus). Ein weiterer Faktor ist das Aufbauen eines sozialen Netzes, welches Unterstützung und das Gefühl nicht alleine einer schwierigen Situation gegenüber ausgesetzt zu sein, ermöglicht. Dies bringt für Jeden selber die Gelegenheit umgekehrt auch hilfreich für Andere zu sein- ein wichtiger Bewältigungsfaktor als Gegenpol zu inaktivem, passivem Hilflosigkeitsgefühl in Krisensituationen.
Auch für Unternehmen und Führungspersonen ist die psychische Resilienz der Mitarbeiter ein wichtiger Faktor, nur so wird produktives und qualitätsvolles Arbeiten auch in belastenden Krisensituationen möglich sein. Alles was die Widerstandsfähigkeit der Mitarbeiter unterstützt und fördert, ist daher auch im Sinne der Wahrnehmung einer Sorgfaltsverpflichtung als Leitungsaufgabe sinnvoll und wichtig. Hierbei sind die Unterstützungsmöglichkeiten multifaktoriell: von grundlegenden innerbetrieblichen Maßnahmen wie zum Beispiel der Verbesserung von Teamarbeitsabläufen, Transparenzmachung der Handlungsziele und Kommunikationsabläufen, Einbeziehung in Entscheidungsprozesse, Anbieten von Arbeitszeitmodellen, welche eine ausgeglichene Life-Work Balance ermöglichen, Achten auf die Inanspruchnahme regelmäßiger Pausen und Erholungszeiten für Mitarbeiter bis hin zu persönlichkeitsbildenden Angeboten (wie zB das in unserem Haus angebotene Resilienzseminar) sowie Angebote zum Erlernen von Stressreduktion seien hier nur beispielshaft erwähnt.
Der Berufsverband der österreichischen Psychologinnen und Psychologen hat für Zeiten veränderter Arbeitsbedingungen, wie zum Beispiel zuletzt durch die notwendig gewordene Homeofficearbeit, folgende Punkte als Handlungsorientierung für Führungsperson formuliert:
Wo bekomme ich (als Mitarbeiter) Hilfe?
Grundsätzlich können sich immer alle Mitarbeiter der Barmherzigen Brüder Wien in emotionale Krisensituationen an uns, als Team des psychologischen Dienstes, mit der Bitte um Unterstützung wenden. In den letzten Wochen haben wir neben persönlichen Gesprächen vor Ort auch telefonisch mit Mitarbeitern in Quarantäne Kontakt gehalten. Aber auch außerhalb unseres Hauses gibt es eine Vielzahl von Beratungsstellen, die Menschen in Krisensituationen begleiten. Als Beispiel kann hier die Hotline des Berufsverbandes österreichischer Psychologinnen und Psychologen unter 01/5048000, die Telefonseelsorge unter 142, die Ö3 Kummernummer unter 116 123 oder die Psychotherapie- Helpline des WLP unter 0720/12 00 12 genannt werden. Auch gehörlose Menschen können unter 0676/5906955 mittels Videotelefonie Unterstützung bekommen (in österreichischer Gebärdensprache).
Was kann ich tun, um anderen (Kollegen) zu helfen?
Achten Sie auf einander! Gerade in Krisenzeiten ist ein wachsamer Blick auf Andere, ein mitfühlendes Umgehen miteinander ein wichtiger Unterstützungsfaktor. Falls Sie das Gefühl haben eine deutliche emotionale Belastung bei Menschen Ihres sozialen Umfelds wahrzunehmen, scheuen Sie sich nicht dies direkt anzusprechen und ein entlastendes Gespräch anzubieten. Auch das wiederholte Hinweisen auf die Möglichkeit zur professionellen Hilfe kann einen entscheidenden Impuls für das erstmalige Aufsuchen von entlastenden Hilfsstrukturen bedeuten. Und erinnern Sie Betroffene immer wieder auch an deren eigene Problemlösekompetenzen und Erfahrungen, mit deren Hilfe sie schon frühere herausfordernde Lebenssituation erfolgreich gemeistert haben.