
Eine Stadt als Hauptdarstellerin
Wien-Margareten im Jahr 2015: Die Menschen stehen in Scharen in der Johannagasse im 5. Gemeindebezirk. Viele unterhalten sich neugierig, während nur einige Meter weiter Autos aus den 1920er- und 1930er-Jahren stehen. Die moderne Straßenlaterne ist hinter einer Säule mit alten Plakaten verschwunden, auch der Bäcker gegenüber sieht anders aus. Wären die modernen Kameras und Scheinwerfer nicht aufgebaut, könnte man glauben, eine Zeitreise gemacht zu haben. Regisseur Wolfgang Murnberger gibt ein Zeichen. Einige Statist:innen gehen die Straßen entlang, an deren Rändern zur Zeitperiode passende Oldtimer geparkt wurden. Der absolute Blickfang ist aber der deutsche Schauspieler Florian David Fitz. Er spielt in dem Film „Kästner und der kleine Dienstag“ den deutschen Kinderbuchautor Erich Kästner. Die Filmcrew verbrachte einige Drehtage in der Johannagasse. Damit ist sie nicht allein: Immer wieder gab es in dieser Gegend Dreharbeiten, einmal für die ORF-Serie „Vorstadtweiber“, dann wieder für die Tatortfolge „Die Amme“. Aber nicht nur Produktionen aus Deutschland und Österreich werden gerne in Wien gedreht.
1.300 Anträge jährlich
Wenn in Wien ein Film gedreht werden soll, ist die Vienna Film Commission zuständig. „Wir hatten 2021 – in unserem Spitzenjahr – etwa 1.300 Anträge. 2023 werden es wahrscheinlich noch mehr sein“, erklärt Geschäftsführerin Marijana Stoisits. Dabei sind viele große Kaliber wie „The Regime“ mit Kate Winslet und Hugh Grant, „Extraction 2“ mit Chris Hemsworth oder auch „Tiger 3“, eine Art indischer James Bond mit Salman Khan in der Hauptrolle. „In erster Linie zieht Wien wegen der imperialen Architektur.“ Außerdem können in Wien Straßen abgesperrt und der Verkehr angehalten werden. Ein Beispiel hierfür sind die Dreharbeiten zum fünften „Mission Impossible“-Film 2014. „Da wurde der Ring für vier bis fünf Nächte gesperrt. So etwas muss von langer Hand geplant werden, weil nicht nur die Autos, sondern auch der öffentliche Verkehr nicht fahren darf“, so Stoisits. Deshalb sei es wichtig, dass vonseiten der Produzent:innen früh an die Commission herangetreten werde.
Drehort Kaffeehaus
Trotz der vielen Filme, die bereits in Wien gedreht wurden, wird die Stadt vor allem mit zwei Klassikern in Verbindung gebracht: „Der dritte Mann“ mit Orson Welles aus dem Jahr 1949 und „Before Sunrise“ mit Julie Delpy und Ethan Hawke, der 1995 Premiere feierte. In Letzterem gibt es eine zentrale Szene im Café Sperl in der Gumpendorferstraße. Immer wieder möchten Fans an jenem Tisch sitzen, an dem Delpy und Hawke saßen, erzählt Betreiberin Monika Thurm- Staub. „Ich habe schon wieder eine Tischreservierung von einem Paar. Hier wurden auch schon Heiratsanträge gemacht.“ In der Film- Szene tun die Protagonisten so, als würden sie ihre Freunde anrufen, um ihnen von dem Menschen zu erzählen, den sie im Zug getroffen haben. Dass dieser Kultfilm immer noch durch alle Generationen (be)geistere, erstaune sie immer wieder, „auch im asiatischen Raum, wo wir besonders beliebt sind“.
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