
Mit dem Essen Frieden schließen
Wer von uns hat nicht schon einmal eine Diät ausprobiert? Mit dem eigenen Körpergewicht haben wir uns wohl alle schon einmal auseinandergesetzt. Vielleicht um ein paar Kilos purzeln zu lassen oder auf ärztlichen Rat, um Laborwerte zu verbessern. Intuitives Essen hingegen ist ein ernährungstherapeutischer Ansatz, bei dem man sich an den natürlichen Hunger- und Sättigungssignalen des Körpers orientiert, statt festen Diät-Regeln zu folgen, erklären die Expertinnen aus dem Fachgebiet der Diätologie vom Eisenstädter Brüder-Krankenhaus, Carmen Reichardt, BSc und Irene Laschober, BSc. Sie geben Gedankenanstöße, wie eine nachhaltige Veränderung des Essverhaltens möglich wird. Selbstreflexion spielt dabei eine wichtige Rolle. Es ist nämlich gar nicht so einfach, aus einem Diät-Kreislauf auszubrechen. Bei klassischen Diäten schränken wir uns ein. Schlechte Stimmung und Hungerstress können daraus resultieren. Das begünstigt Frustessen oder Fressattacken und kann sinkendes Selbstwertgefühl oder Schuldgefühle zur Folge haben. Wir sind erneut fixiert auf das Gewicht, womit Gewichtsstress entsteht. Wieder wird mit einer Diät gestartet und der Kreislauf beginnt von vorne.
Kernprinzipien intuitiven Essens
Anhand von Kernprinzipien erklären die beiden Diätologinnen, wie es nachhaltig gelingt, Frieden mit dem Essen zu schließen. Der erste und wichtigste Schritt besteht darin, sich von der Diät-Kultur zu lösen. Eine wesentliche Voraussetzung ist es, auf die Körpersignale zu achten, wieder Vertrauen in sich selbst und den eigenen Körper zu entwickeln. Ein weiteres zentrales Prinzip der intuitiven Ernährung ist die bedingungslose Erlaubnis zu essen – also sich selbst alle Lebensmittel zu gestatten, ohne sie in „gut“ oder „schlecht“ einzuteilen.
Damit einher geht das Erkennen und Hinterfragen der sogenannten Essenspolizei: jener inneren Stimme, die strenge Regeln vorgibt, Verbote aufstellt und Schuldgefühle beim Essen erzeugt. Wer sich das Essen bedingungslos erlaubt, wird auch ein natürliches Sättigungsgefühl erleben, erklären die beiden Diätologinnen. Sie empfehlen, während der Mahlzeit eine kurze Pause einzulegen und sich zu fragen: „Wie schmeckt mir das Essen gerade? Wie satt bin ich schon?“ Auf diese Weise lässt sich ein achtsameres Essverhalten entwickeln. Im verbissenen Eifer, einem Körperideal entsprechen zu wollen, übersehen wir oft den Genuss und die Zufriedenheit, die uns die Essensaufnahme bescheren kann. Den Genussfaktor neu oder wieder zu entdecken, lautet die Devise. Der nächste Griff in die Süßigkeiten-Schublade lädt zu Selbstreflexion ein: Dient dieser zum bewussten Genuss oder zur Bewältigung von Emotionen? Es gibt grundsätzlich zwei Arten von Hunger: physiologischer und emotionaler Hunger. „Während physiologischer Hunger Stunden nach der letzten Mahlzeit entsteht, ist emotionaler Hunger zeitunabhängig. Ersterer steigert sich in der Regel langsam, emotionaler kommt plötzlich und will sofort gestillt werden. Essenszufuhr stillt also nur unseren körperlichen, nicht aber unseren emotionalen Hunger“, wissen die Expertinnen.
Ein weiterer Schritt ist, den eigenen Körper zu respektieren. Unrealistische Erwartungen an den eigenen Körper erschweren das Ablegen der Diät-Mentalität. Auch wenn es klischeehaft klingt: Bewegung ist ein entscheidender Faktor! Nur wer selbst aktiv wird und sich bewegt, fühlt den Unterschied. Zu guter Letzt ist es die Entscheidung für bestimmte Nahrungsmittel, die unsere Gesundheit erhalten. Jene Nahrungsmittel, die Gesundheit und Geschmacksknospen ehren, bewirken, dass wir uns wohlfühlen. Es ist die Achtsamkeit – das bewusste Wahrnehmen von Essen und Essverhalten –, die zu einer nachhaltigen Veränderung führt, nicht das ständige Kalorienzählen und der Blick auf die Waage.
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