
Selbsttests zur optimalen Diabetesversorgung
„Was sind die Herausforderungen für Menschen mit Diabetes? Wie können wir die Krankheit besser verstehen und therapieren?“ Diese und weitere Fragen zur Diabetesversorgung beschäftigten angehende Ärzt:innen für Allgemeinmedizin im Eisenstädter Krankenhaus der Barmherzigen Brüder. Assistenzarzt Dr. Georg Gibas startete daraufhin ein Projekt: Im Rahmen eines Workshops zur kontinuierlichen Glukosemessung initiierte er die eher ungewöhnlichen Selbstversuche. Das Team durfte das Messsystem für mehrere Tage am eigenen Leib anwenden. Den Sinn dahinter bringt Dr. Gibas auf den Punkt: „Unser Ziel war es, die alltäglichen Herausforderungen von Menschen mit Diabetes am eigenen Körper zu erleben. Wobei auch ein tieferes Verständnis für die Dynamik des Blutzuckerspiegels aufgebaut wird. Diese Erfahrungen, quasi aus erster Hand, werden wir künftig in die Therapie unserer Patient:innen einfließen lassen.“
Bei herkömmlichen Messmethoden mittels Teststreifen handelt es sich lediglich um Momentaufnahmen. Schwankungen des Blutzuckerwerts bleiben demnach unerkannt und eine Reaktion auf kurzzeitige Über- oder Unterzuckerung ist ausgeschlossen. Bei der kontinuierlichen Glukosemessung hingegen wird der mit dem Blutzucker korrelierende Gewebezucker durch einen im Unterhautfettgewebe liegenden Sensor in sehr engen Zeitabständen kontinuierlich ermittelt. Diese Messmethode wird kurz CGM genannt, abgeleitet aus dem englischen „Continuous Glucose Monitoring“. Auffälligkeiten werden also zeitnah erkannt, wodurch Gegenmaßnahmen rechtzeitig und sofort gesetzt werden können.
Über- oder Unterzuckerung in Echtzeit
„Über einen Zeitraum von zwei Wochen haben wir Blutzuckersensoren getragen, die unsere Werte rund um die Uhr aufzeichneten. Das Anbringen der Sensoren am Oberarm war und ist ganz einfach. Nach gründlicher Desinfektion folgt ein kleiner Pieks. Die feine Nadel ist nur wenige Millimeter lang und zieht sich nach der Applikation automatisch zurück. Es verbleibt nur ein dünner, flexibler Faden im Gewebe, der je nach Gerät mit dem Sensor nach sieben bis 14 Tagen entfernt wird“, schildert Dr. Gibas. „Es gibt unterschiedliche Geräte von verschiedenen Herstellern, wobei die Handhabung immer ähnlich ist. Übrigens empfand niemand von uns die kleinen Geräte als großartig störend – selbst beim Sport nicht.“ Nach Anbringen des Sensors sind die Geräte nach einer kurzen Kalibrierungsphase einsatzbereit. Die Daten konnten dann am Smartphone via zugehöriger App abgerufen werden.
Der Facharzt für Innere Medizin Dr. Adrian Szodl erklärt die Vorteile der Messmethode: „Durch die kontinuierlichen Messungen, je nach Modell wird der Wert alle ein bis fünf Minuten ermittelt, können auch kurzzeitige Über- oder Unterzuckerungen sofort erkannt werden. Eine Chance für Diabetiker:innen, unmittelbar darauf zu reagieren, etwa das Insulin anzupassen, um so hypoglykämische oder hyperglykämische Episoden zu vermeiden.“ Der klassische Fingerstich mit Teststreifen ist nur eine Momentaufnahme des aktuellen Blutzuckerspiegels und kann mit den CGM-Systemen nicht mithalten. Vor allem Personen, die ihren Blutzucker häufig messen müssen, um die Insulinmenge anzupassen, profitieren enorm. „Die Geräte sind eine Erleichterung im täglichen Umgang mit der Diabeteserkrankung. Wir Ärzt:innen können Insulintherapien durch das Wissen über Verlaufskurven optimieren“, so Szodl. „Ganz ersetzen können die Geräte die Blutzuckermessungen mit Kapillarblut allerdings nicht. Bei sehr hohen oder sehr niedrigen Werten sollte im Zweifelsfall über das Blut nachgemessen werden.“ Jedenfalls stellen individuell einstellbare Alarmfunktionen für Betroffene eine Erleichterung dar und verbessern deren Lebensqualität. „Besonders nachts kann CGM gut helfen, unbemerkte Zuckerschwankungen zu verhindern bzw. rechtzeitig zu erkennen“, so Dr. Szodl.
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