Die Kunst, spazieren zu gehen
Ich schicke dich Spaziergangsaspiranten nicht in fremde Gegenden und zu Sehenswürdigkeiten. Besuche deine eigene Stadt, spaziere in deinem Stadtviertel, ergehe dich in dem steinernen Garten, durch den Beruf, Pflicht und Gewohnheit dich führen. Erlebe im Vorübergehen die Geschichte von ein paar Dutzend Straßen. Beobachte ganz nebenbei, wie sie einander das Leben zutragen und wegsaugen, wie sie abwechselnd oder fortfahrend stiller und lebhafter, vornehmer und ärmlicher, kompakter und bröckliger werden, wie alte Gärten sich inselhaft erhalten oder, von nachbarlichen Brandmauern bedrängt, absterben. Erlebe, wie und wann die Straßen fieberhaft oder schläfrig werden, wo das Leben zum stoßweise drängenden Verkehr, wo es zum behaglich drängenden Betrieb wird.
Bleibendes und Vergehendes
Lerne Schwellen kennen, die immer stiller werden, weil immer seltener fremde Füße sie beschreiten und sie die Bekannten, die täglich kommen, im Halbschlaf wiedererkennen. Und neben all diesem Bleibenden oder langsam Vergehenden bietet sich deiner Wanderschau und ambulanten Nachdenklichkeit die Schar der vorläufigen, provisorischen Baulichkeiten, der Abbruchsgerüste, Neubauzäune, der Bretterverschläge, die zu leuchtenden Farbflecken werden im Dienst der Reklame zu Stimmen der Stadt, zu Wesen, die rufend und winkend auf dich einstürmen, während die alten Häuser von dir wegrücken. Und hinter den Latten, durch die Lücken sichtbar, Schlachtfelder aus Steinen, widerstandslose Massen von Material, in welche eiserne Krane und stählerne Hebel greifen.
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