Wie vier Pflegedirektorinnen den Beruf zukunftsfit machen wollen
Pflege braucht Zukunft – und Visionärinnen, die sie gestalten. Vier steirische Pflegedirektorinnen zeigen im NEWS Innovationstalk, wie Pflege menschlich, tragfähig und attraktiv bleiben kann: mit mehr Eigenverantwortung, Digitalisierung, echter Führung auf Augenhöhe – und vor allem mit Herz. Eveline Brandstätter (KAGes), Sabine Herg (Barmherzige Brüder Graz), Christine Kienreich (Elisabethinen Graz) und Renata Poczwardowski (Klinik Maria Theresia, Radkersburger Hof) diskutieren über die Zukunft ihrer Profession. Ein Gespräch über Würde, Wandel und Wege aus der Krise – wie lässt sich Pflege so gestalten, dass sie auch morgen noch menschlich, tragfähig und attraktiv bleibt?
Pflege beginnt mit Begegnung
Sabine Herg, Pflegedirektorin der Barmherzigen Brüder Graz: „Pflege ist Berufung. Wer sie ergreift, muss mit dem Herzen dabei sein.“ Genau das fehle in der öffentlichen Wahrnehmung oft. Klischees und Überforderung verdecken, wie sinnstiftend dieser Beruf tatsächlich ist.
Sie hat mit ihrem Team neue Wege beschritten, um jungen Menschen realistische Einblicke zu geben. Besonders stolz ist sie auf ein Pilotprojekt namens „Lerninsel“, in dem Studierende im letzten Semester unter Supervision eine Station mitversorgen. „Ein simples Telefonat mit dem Stationstelefon war für viele eine Herausforderung“, erinnert sie sich. „Aber genau das brauchen wir – einen Ort, wo man die Komplexität des Pflegealltags wirklich erlebt.“
Auch in der Personalentwicklung geht sie neue Wege: mit strukturierten Feedbackprozessen, Talentförderung und Nähe zur Basis. „Ich bin jede Woche direkt auf den Stationen unterwegs. Führung beginnt nicht erst bei der Stationsleitung – sie beginnt im Top-Management.“
Herg fordert mehr Vernetzung in der Ausbildung. Die Praxis müsse sich stärker mit den Ausbildungsstätten abstimmen. „Theorie und Realität dürfen keine Gegensätze sein. Wer ausbildet, muss wissen, was draußen gebraucht wird.“ Dafür braucht es aus ihrer Sicht auch eine neue Haltung in der Führungskultur: „Wir führen nicht top-down, sondern auf Augenhöhe.“
Zukunft sichern
Was sich alle vier wünschen, ist mehr Übergang – in den Karrierepfaden wie in der Versorgung. Eveline Brandstätter spricht mit Begeisterung über ein Pilotprojekt in Mürzzuschlag: Übergangspflege zwischen Krankenhaus und Heim. „80 Prozent der Patientinnen und Patienten gehen danach wieder nach Hause oder in eine weiterführende Reha.“ Eine Zahl, die zeigt: Mit dem richtigen Setting lässt sich Selbstständigkeit erhalten – und lassen sich Systemkosten reduzieren.
Doch solche Modelle sind aktuell noch die Ausnahme. Kienreich betont: „Das Entlassungsmanagement stockt – nicht nur bei uns.“ Wenn ältere Patientinnen und Patienten akut ein Bett benötigen, aber nicht entlassen werden können, blockiert das das gesamte System.
„Wir brauchen mehr solche Brücken“, sagt auch Poczwardowski. Von der Akutpflege über die Übergangspflege zur Reha – jede Station müsse ermöglichen, dass Menschen wieder zurück in ihr Leben finden. Denn das sei letztlich der Kern des Pflegeberufs: nicht nur zu helfen, sondern Wege zu bereiten. Oder wie Sabine Herg es ausdrückt: „Pflege ist ein Beruf mit Sinn. Und genau das sollten wir viel lauter sagen.“