Von Johannes von Gott sind uns nur sechs Briefe erhalten. Ansonsten besitzen wir von ihm keinerlei schriftliche Dokumente.
1. Im Namen unseres Herrn Jesus Christus und unserer Herrin, der Unbefleckten Jungfrau Maria. Gott sei allen Dingen dieser Welt vorgezogen.
2. Ich erhielt den Brief, den Ihr mir aus Jaén geschrieben habt. Über dessen Empfang habe ich mich sehr gefreut; wenngleich meine Freude etwas beeinträchtigt wurde, als ich von dem Zahnschmerz erfuhr, den Ihr erlitten habt – denn all Euer Leiden bereitet mir Schmerz und Euer Wohlbefinden Freude.
3. Ihr sagt mir, dass Ihr dort für Euer Problem keine Lösung gefunden habt und nach Valencia gehen wollt. Ihr werdet schon sehen, was Ihr tun wollt.
4. Wegen der Eile, die ich habe, damit dieser Brief noch weggeht, bleibt mir keine Zeit, um ihn Gott anzuempfehlen – und doch ist es notwendig, ihn Gott zu empfehlen mit der nötigen Zeit, um Euch einen Rat geben zu können.
5. Nun, ich weiß, wie schwach Ihr oft seid, besonders was den Umgang mit Frauen betrifft. Und so bin ich nicht sicher, ob es gut sein wird, Euch hierher zu holen, denn Pedro ist noch nicht weggefahren, und ich weiß nicht, wann er wegfahren wird, obwohl er oft sagt, dass er fahren wolle.
6. Wenn ich die Gewissheit hätte, dass Ihr hier Nutzen für Eure Seele findet, und für alle, die mit Euch zu tun haben, so würde ich Euch sogleich zu mir holen, aber ich fürchte, das Gegenteil wäre der Fall. Deshalb glaube ich, wäre es besser, uns einige Tage einzuschränken, bis Ihr den Beschluss gefasst habt, Mühen und Tage voller Leid zu durchleben, nur bedacht, all das Gute zu tun, dessen Ihr fähig seid. Andererseits scheint es mir – wenn Ihr auf diese Weise verloren gehen solltet – besser für Euch, nicht hierher zu kommen. Aber in diesem Fall weiß Gott das Beste und die Wahrheit.
7. Deswegen erscheint es mir sinnvoll, dieses Anliegen vor dem Weggang aus dieser Stadt ganz dem Herrn anzuempfehlen. Und ich tue hier dasselbe, denn beide sind wir ja im Zweifel, was wir tun sollen, damit Gott, der die Wahrheit und das Heil aller ist, uns beistehe und Rat schaffe, um das Böse vom Guten zu unterscheiden.
Schreibt mir oft zu Eurer größeren Sicherheit. In der Zwischenzeit informiert Euch dort bei den Pilgern, die umherziehen und die Euch sagen werden, wie es um Valencia bestellt ist.
Mir kommen oft Zweifel, wie einem Menschen, der sich nicht zu helfen weiß. Wenn Ihr aber – nach eingehender Prüfung – erkennt, dass Ihr verloren gehen werdet, dann ist es besser, Ihr kommt hierher oder nach Sevilla zurück, je nachdem wohin zu reisen Euch der Herr zu verstehen gibt. Wenn Ihr nach Valencia geht, so besucht den Leib des heiligen Vinzenz Ferrer.
8. Es scheint mir, Ihr treibt dahin wie ein Schiff ohne Steuer. Mir kommen häufig Zweifel als einem Mann ohne Halt, denn wir sind alle beide so, dass wir nicht wissen, was wir tun sollen, weder Ihr noch ich. Gott ist der Wissende und der Helfer. Er gebe uns allen Hilfe und Rat.
9. Es dünkt mich, Ihr seid wie ein lockerer Stein; es wird gut sein, dass Ihr Euch ein wenig das Fleisch abschabt und es Euch schlecht ergeht, dass Ihr Hunger und Durst leidet und Schande und Erschöpfung und Ängste und Mühsal und Ärger; all dies muss um Gottes willen ertragen werden, denn wenn Ihr hierher kommt, müsst Ihr alles das um Gottes Liebe willen ertragen. Für alles sollt Ihr Gott vielen Dank sagen, für das Gute und für das Böse.
10. Gedenkt unseres Herrn Jesus Christus und seines geheiligten Leidens, der das Übel, das sie ihm antaten, mit Gutem vergalt. So sollt Ihr, mein Sohn Bautista, handeln, wenn Ihr in das Haus Gottes kommt.
11. Denn, wenn Ihr hierher kommt, müsst Ihr dies alles um der Liebe Gottes willen leiden. Ihr habt viel zu gehorchen und noch viel mehr zu leiden als Ihr gearbeitet habt – und Euch aufreiben, um die Armen und Kranken zu heilen – und all dies um der Liebe Gottes willen.
Denkt daran, dass es schon an der Zeit ist, Euch für einen Stand zu entscheiden. Ihr wisst, dass Euch hier das Tor offen steht und dass es mir Freude bereiten würde, Euch in geistig fortgeschrittenem Zustand kommen zu sehen, als einen Sohn und Bruder.
12. Denkt jedoch daran, dass, wenn Ihr kommt, Ihr ganz und mit allen Konsequenzen kommen – und Ihr Euch vor den Frauen wie vor dem Teufel in acht nehmen, und Gott die Frucht Eurer Überwindung darbringen müsst, indem Ihr Euren schlechten Lebenswandel aufgebt.
13. Denkt an den hl. Bartholomäus; sie zogen ihm die Haut ab, und er nahm seine Haut auf die Schulter. Wenn Ihr kommt, so nur, um wirklich zu arbeiten, nicht, um die Zeit totzuschlagen, denn, dem Lieblingssohn weist man die schwersten Arbeiten zu.
Bleibt alle Tage Eures Lebens mit Gott verbunden.
Hört immer die ganze Messe, beichtet – wenn möglich – oft und legt Euch keine Nacht mit einer Todsünde zu Bett.
Liebt unseren Herrn Jesus Christus über alles auf der Welt, denn, wie viel Ihr ihn auch liebt, ER liebt Euch mehr, ER übertrifft Eure Liebe. Bleibt immer in der Liebe, denn wo keine Liebe herrscht, ist Gott nicht – wenngleich Gott überall ist. Nehmt mir diesen Brief nicht übel; ich habe keine Zeit, Euch ausführlich zu schreiben.
14. Was Euer Kommen betrifft, so richtet es ganz so ein, wie es Euch am besten dünkt. Ich weiß nicht, ob unserem Herrn ein Dienst erwiesen wird, wenn Ihr so bald in dieses Haus kommt, wie wir es gerne sähen, oder aber ob Er möchte, dass Ihr dort, wo Ihr seid, leidet. Wenn Ihr es jetzt noch vorzieht, ein wenig auf der Suche nach Abenteuern in die Welt hinauszufahren, so wie die Indienfahrer es tun, dann tut das, was Gott Euch eingibt und achtet darauf, dass IHM am meisten gedient werde. Aber unterlasst es nicht, mir zu schreiben, wo immer Ihr Euch auch befindet.
15. Sobald ich kann, werde ich Eure Grüße Lebrija bestellen. Euren Brief nahm ich schon zu Bautista ins Gefängnis mit, und er hatte viel Freude daran. Ich sagte ihm, er möge unverzüglich schreiben, um den Brief abzuschicken; jetzt werde ich sehen, ob er es getan hat.
16. Empfangt die Grüße von allen. Eure Grüße übermittelte ich schon den Kleinen und den Großen, der Ortiza und dem Miguel. Pedro sagt, dass Ihr, wenn Ihr kommt, mit ihm leben werdet, bis er weggeht. Und wenn er bleibt, dann ebenfalls.
17. In diesem Brief bleibt nur noch, Euch zu sagen, Gott möge Euch behüten und beschützen und Euch in seinen heiligen Dienst nehmen, so wie ich alle anderen Menschen.
Ich schließe, aber nicht ohne meinem Gebet für Euch und für alle. Als letzten Hinweis sage ich Euch, dass es mir mit dem Rosenkranzgebet sehr gut gegangen ist, und wenn Gott will, werde ich ihn beten, sooft ich kann.
18. Ich wiederhole Euch, dass Ihr, wenn Ihr seht, dass Ihr auf dieser Reise verloren geht, das tun sollt, was Ihr für das Beste haltet. Bevor Ihr aus dieser Stadt hinwegzieht, lasst ein paar Messen zum hl. Geist und zu den hl. Drei Königen lesen, wenn Ihr die Mittel dafür habt. Und wenn nicht, genügt der gute Wille. Und wenn dieser nicht ausreicht, möge Gottes Gnade helfen.
19. Erzählt mir alles, was bei Euch dort vor sich geht. Mit dieser Post schicke ich Euch einen verschlossenen Brief, den Euch zu übergeben man mich gebeten hat. Ich habe ihn nicht geöffnet, um Euch ergeben zu sein. Ich bin auch nicht sicher, ob er für Euch ist, oder für Bautista, der im Gefängnis sitzt. Wenn er für jenen im Gefängnis ist, schickt ihn mir zurück, nachdem Ihr ihn gelesen habt, damit ich ihn ihm aushändigen kann. Wenn Bautista seinen Brief geschrieben hat, werde ich ihn Euch mit diesen beiden schicken. Nun lebt wohl in Gott und wandelt seine Wege.
20. Ich, Johannes von Gott, der geringste von allen Brüdern, der, wenn Gott es will, im Sterben liegen, immer aber schweigen und auf Gott vertrauen möchte als ein Sklave unseres Herrn Jesus Christus, eifrig bedacht, ihm zu dienen. Amen, Jesus.
Wenngleich ich nicht so ein guter Diener (Gottes) bin wie andere, da ich ihn noch viele Male beleidige und verrate, so bereue ich doch dies alles von Herzen – obwohl ich es noch viel mehr bereuen sollte.
Gott möge mir verzeihen und die ganze Welt retten.
Ávila, die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz in der spanischen Region Kastilien-León
1. Im Namen unseres Herrn Jesus Christus und unserer Herrin, der Unbefleckten Jungfrau Maria. Gott werde allen Dingen dieser Welt vorgezogen. Amen, Jesus. Gott behüte Euch, Gutierrez Lasso, mein Bruder in Jesus Christus, Euch, Eure Familie und wen immer Gott es gefällt. Amen, Jesus.
2. Dieser Brief soll Euch davon in Kenntnis setzen, dass ich, Gott sei Dank, gut ankam, und dass ich mehr als 50 Dukaten mitgebracht habe. Mit dem, was Ihr dort habt, und mit dem, was ich bekommen habe, bringen wir, so glaube ich, etwa 100 Dukaten zusammen. Wieder hier angekommen, habe ich mich bemüht, etwa 30 Dukaten oder noch mehr aufzutreiben, denn alles ist immer noch zu wenig. Ich muss immerhin mehr als 150 Personen versorgen; wenngleich Gott es ist, der sie täglich am Leben erhält. Wenn Ihr deshalb mit den 25 Dukaten, die Ihr dort noch habt, noch einiges mehr bekommen könnt, so wisst, alles ist nötig. Wenn es jedoch nicht sein kann, dann grämt Euch deswegen nicht. Schickt alle armen Verletzten, die es bei Euch gibt, zu mir.
3. Sendet mir bald die 25 Dukaten, denn diese und noch viel mehr bin ich schuldig, und meine Gläubiger warten schon ungeduldig. Als Zeichen diene ein Leinensäckchen, das ich Euch eines Abends gegeben habe, als wir beide in Eurem Orangenhain spazieren gingen. Ich hoffe auf unseren Herrn Jesus Christus, dass Ihr eines Tages im himmlischen Garten lustwandeln dürft.
4. Der Bote war in großer Eile, deshalb konnte ich keine Zeit auf den Brief verwenden; zudem habe ich soviel Arbeit, dass mir nicht einmal Zeit bleibt, ein Credo langsam zu beten.
5. Um der Liebe unseres Herrn Jesu Christi willen, schickt das Geld genau und zuverlässig, denn ich benötige es dringendst. Grüßt und empfehlt mich um der Liebe unseres Herrn Jesu Christi willen der edlen, tugendreichen und großherzigen Sklavin unseres Herrn Jesus Christus, Eurer Gattin, die sich so sehr im Dienst unseres Herrn Jesus Christus bemüht, und der Unbefleckten Jungfrau Maria, und die um der Liebe Gottes willen auch Euch, Gutierrez Lasso, ihrem Gemahl und Sklaven unseres Herrn Jesus Christus dient. Amen, Jesus.
6. Ihr sollt auch Euren Sohn, den Erzdiakon grüßen, der mit mir war und um dieses gesegnete Almosen bat, der der geringste Sklave unseres Herrn Jesus Christus und der Unbefleckten Jungfrau Maria ist, immer beflissen, ihm zu dienen und wohlzugefallen, ihm, unserem Herrn Jesus Christus und seiner gepriesenen Mutter, der Jungfrau Maria, unserer Herrin.
Sagt ihm, er möge mir mit der Hilfe Gottes bald schreiben.
7. Schreibt auch Ihr mir, guter Edelmann und Bruder in Jesus Christus. Grüßt Euere Söhne und Töchter und alle, die Ihr grüßen mögt. In Málaga sollt Ihr den Bischof grüßen und ihm von mir berichten und all die anderen, die Ihr gerne grüßen möchtet und die Ihr seht; denn ich bin verpflichtet, für alle zu beten.
8. Was Euren Sohn betrifft, den guten Edelmann – ich glaube, es ist der ältere –, so geschehe, was Gottes Wille ist. Möge es unser Herr Jesus Christus sein, der die Dinge, Werke und Taten leitet und lenkt. Mir scheint, wenn Gott es will, wäre es besser, ihn bald zu verheiraten, wenn er zu heiraten wünscht. Wenn ich Euch auch sage, sobald wie möglich, so sollt Ihr Euch deshalb nicht beunruhigen, denn Eure ganze Unruhe soll darauf gerichtet sein, Gott darum zu bitten, ihm eine gute Frau zu schenken, denn er ist ja jetzt noch sehr jung.
Nach der Güte unseres Herrn Jesus Christus sei er an Weisheit jedoch schon gereift.
9. Jeder muss den Stand erwählen, den Gott ihm zuweist. Die Väter und Mütter sollen sich jetzt nicht zu große Sorgen und Mühen deswegen machen, sondern Gott bitten, er möge den Kindern den Stand der Gnade schenken, ganz wie es ihm gefällt.
Einer wird sich verheiraten, ein anderer wird Messe lesen. Und so sage ich, dass ich nichts weiß, sondern dass Gott es ist, der alles weiß.
10. Möge der Herr Jesus Christus Eure Wünsche erfüllen, und zwar auf die Weise, wie ihm, unserem Herrn am meisten gedient wird. Er allein weiß besser, was mit Euren Söhnen und Töchtern geschehen soll. Und alles, was unser Herr tut, sollt Ihr als gegeben annehmen, und zwar als etwas Gutes.
11. Bekennen wir unsere Sünden und tun wir deshalb Buße, denn alles Gute, das die Menschen tun, ist nicht ihr, sondern Gottes Verdienst.
Gott sei die Ehre und die Herrlichkeit, denn alles ist sein. Amen, Jesus.
Es möge unserem Herrn Jesus Christus gefallen, dass alles, was Ihr tut und alles, was Eure Söhne und Töchter tun, zum Dienst unseres Herrn Jesus Christus und unserer Herrin, der Jungfrau Maria, gereiche.
Unser Herr Jesus Christus möge nicht zulassen, dass Ihr etwas tut, was ihm missfällt.
12. Euer geringer Bruder Johannes von Gott, der, wenn Gott es verfügt, sterben, immer aber schweigen und auf Gott vertrauen möchte, und der das Heil aller ersehnt wie sein eigenes. Amen, Jesus.
Blick auf das nächtliche Ávila
1. Dieser Brief soll dem edlen, tugendreichen und großherzigen Ritter unseres Herrn Jesus Christus, Gutierrez Lasso, überreicht werden, dem Sklaven unseres Herrn Jesus, immer darauf bedacht, ihm zu dienen. Amen, Jesus.
2. Im Namen unseres Herrn Jesus Christus und unserer Herrin, der Unbefleckten Jungfrau Maria. Gott werde allen Dingen dieser Welt vorgezogen. Amen, Jesus. Gott sei mit Euch, mein vielgeliebter Bruder im Herrn Jesus.
3. Dieser gegenwärtige Brief soll Euch wissen lassen, in welch großer Sorge und Notlage ich bin; Dank sei unserem Herrn Jesus Christus für dies alles; denn Ihr sollt wissen, mein innigst geliebter Bruder in Jesus Christus, dass es der Armen, die hierher kommen, sehr viele sind, so dass ich selbst oft verwundert bin, wie sie erhalten werden können.
4. Aber unser Herr Jesus Christus sorgt für alles und gibt uns zu essen; da ja allein für Holz täglich 7 oder 8 Reales ausgegeben werden müssen, und, da diese Stadt sehr groß und sehr kalt ist, besonders jetzt im Winter, sind die Armen, die zu diesem Haus Gottes kommen, zahlreich; insgesamt – Kranke und Gesunde, Hilfskräfte und Pilger eingerechnet – sind es mehr als einhundertzehn.
5. Da dies ein Haus für alle ist, werden alle Arten von Kranken aufgenommen und auch alle Arten von Menschen. Es gibt hier deshalb Versehrte, Verletzte, Aussätzige, Stumme, Verrückte, Gelähmte, mit Krätze Behaftete, sehr alte Menschen und viele Kinder; überdies viele Pilger und Reisende, deren Weg zu uns führt. Man gibt ihnen Feuer, Wasser, Salz und Kochgeschirr, um sich ihr Essen zu bereiten.
6. Für all dies brauchen sie nichts zu bezahlen, aber unser Herr Jesus Christus sorgt für alles; es gibt keinen Tag, an dem nicht für die Versorgung des Hauses viereinhalb und manchmal fünf Dukaten nötig sind; dies alles allein für Brot, Fleisch, Geflügel und Holz, ohne die Extra-Ausgaben für Medizin und Kleidung mitzurechnen.
7. An Tagen, an denen das Almosen nicht zur Deckung aller Kosten ausreicht, nehme ich Geld zu leihen, und an anderen Tagen wird gefastet.
Und so sorge ich mich hier allein um Jesus Christus, denn ich schulde mehr als 200 Dukaten an Ausgaben für Hemden, Mäntel, Schuhe, Leintücher, Decken und viele andere Dinge, die notwendig sind in diesem Haus Gottes, und auch für die Erziehung der Kinder, die man uns hier lässt.
8. Deshalb, mein vielgeliebter Bruder in Christus Jesus, da ich mich in solcher Not sehe, wage ich mich oftmals nicht einmal mehr aus dem Haus, wegen der Schulden, die mich bedrücken, während ich so viele Kranke, die doch meine Brüder und Nächsten sind, in Not sehe. In vielfältiger Qual des Leibes und der Seele gerate ich in große Traurigkeit, weil ich ihnen nicht helfen kann. Dennoch setze ich mein Vertrauen auf Christus Jesus, dass er mich von den Schulden befreien wird, denn er allein kennt mein Herz.
9. Und so sage ich Dir: verflucht sei der Mensch, der auf Menschen sein Vertrauen setzt und nicht auf Jesus Christus, denn von den Menschen wirst du früher oder später im Stich gelassen. Jesus Christus allein ist treu auf immer: er allein sieht alles vorher, ihm sei Dank gesagt für immer und ewig. Amen, Jesus.
10. Mein vielgeliebter Bruder in Christus Jesus: ich habe Euch von diesen meinen Mühsalen und Nöten berichten wollen, weil ich weiß, dass sie Euch Sorge bereiten, so wie auch mich Eure Leiden kümmern würden. Ich weiß, dass Ihr unseren Herrn Jesus liebt und die Schmerzen seiner Kinder, der Armen, nachempfindet; deshalb berichte ich Euch von diesen ihren Sorgen und Nöten und den meinigen.
11. Wir setzen alles auf eine Karte, obgleich jeder seinen Weg geht, so wie es Gott gefällt und er den Menschen führt; deshalb ist es recht, dass wir uns alle bemühen.
Deswegen, mein vielgeliebter Bruder in Jesus Christus, lasst nicht nach, für mich zu beten, dass er mir die Gnade und Kraft schenke, auszuharren und die Welt, den Teufel und das Fleisch zu besiegen, und dass er mir Demut, Liebe und Geduld mit meinem Nächsten schenke.
12. Er lasse mich meine Schuld bekennen und dem Beichtvater gehorsam sein, so dass ich fähig werde, mich meiner selbst zu entledigen und nur Jesus Christus allein zu lieben. Ich will alles so für wahr halten, wie es der Lehre der hl. Mutter Kirche entspricht, denn so glaube ich es wirklich und wahrhaftig. Hier fahre ich nicht weiter, sondern beschließe alles mit meinem Siegel und meinem Schlüssel.
13. Mein Bruder in Jesus Christus, es gereicht mir zur Erholung, Euch zu schreiben, denn ich stelle mir vor, mit Euch zu sprechen und Euch an meinen Nöten teilhaben zu lassen. Ich weiß, dass Ihr sie ebenso empfindet, so wie ich es aus Euren Werken ersehen konnte, denn schon zweimal bin ich in dieser Stadt gewesen, und Ihr habt mich wunderbar aufgenommen und habt mir viel Zuwendung geschenkt. Unser Herr Jesus Christus vergelte Euch im Himmel das gute Werk, das Ihr um seinetwillen für die Armen und für mich getan habt. Jesus Christus vergelte es Euch. Amen, Jesus.
14. Mein Bruder in Christus, gebt meine Grüße an Euer ganzes Haus und die Euch teuer sind weiter, an Eure vielgeliebten Kinder, besonders dem Schulmeister, meinem geliebten Bruder im Herrn, ferner dem Bischof, meinem Bruder und Vater in Jesus Christus, an Doña Catalina, meiner Gastgeberin und Schwester im Herrn, und allen anderen, die Euch nahe stehen. Amen, Jesus.
15. Mein Bruder in Jesus Christus, ich schicke Euch diesen jungen Mann vorbei, der diesen Brief mitbringt, welcher sich bezieht auf einen aus Málaga gebürtigen jungen Mann, der in diesem Hospital gestorben ist, und der diesem Haus ein gewisses Erbe vermacht hat, und zwar in Form eines Weinbergs oder Pachtlandes, worüber er selbst Euch besser wird Auskunft geben können, denn er hat von Anfang an die Verhandlungen übernommen.
16. Ich möchte, dass alles verkauft wird, denn ich brauche dringend Geld, und jetzt wirft es pro Jahr nur wenig Zins ab. Deswegen, um der Liebe unseres Herrn willen, wenn Ihr von jemandem wisst, der am Kauf interessiert wäre, verkauft es dergestalt, dass derjenige, der es kauft, keinen Verlust dabei hat, dass aber auch die Armen nichts verlieren, und dass alles möglichst schnell abgewickelt werde, so dass derjenige, der jetzt diesen Brief zu Euch bringt, schon mit dem Geld zurückkommen kann. Es handelt sich um eine Person, zu der ich viel Vertrauen habe, und die meine ganze Vollmacht besitzt und alle Schuldverschreibungen.
17. Verzeiht mir, dass ich Euch so viel Mühe bereite; eines Tages wird Euch dies zur Ruhe im Himmel gereichen. Um der Liebe unseres Herrn Jesus Christus willen vertraue ich euch diesen Handel an, denn mit dem Geld, das er einbringen wird, werde ich einiges an Kleidung für die Armen kaufen können, damit jene Gott für die Seele des Spenders bitten, und um Fleisch und Öl bezahlen zu können. Man will mir keinen Kredit mehr gewähren, da ich schon so viel schulde. Ich kann die Gläubiger jedoch noch vertrösten, indem ich ihnen versichere, dass man mir bald von Málaga aus Geld schicken wird.
18. Ich will Euch jetzt nicht um Almosen bitten, denn ich weiß, dass dort auch viele Arme sind, denen man helfen muss, sondern ich bitte unseren Herrn, er schenke Euch das Heil der Seele, denn in diesem Leben voll Elend und Not, ist das rechte Leben der Schlüssel für jenen, der sich zu retten versteht, und alles darüber hinaus ist ein Nichts.
19. Euer ungehorsamer und geringer Bruder Johannes von Gott, der, wenn Gott es verfügt, im Sterben liegen, immer aber schweigen und auf Gott hoffen will, der das Heil aller wünscht wie sein eigenes. Amen, Jesus.
Granada, am 8. Januar 1550
Landschaft in Zentralspanien
1. Dieser Brief möge der edlen und tugendreichen Herrin, Doña Maria de Mendoza, der Herzogin von Sesa, ausgehändigt werden, der Gemahlin des großherzigen Herrn Gonzalo Fernández de Córdoba, dem tugendreichen und guten Edelmann und Diener unseres Herrn Jesus Christus. Amen, Jesus.
Der Brief möge ihr persönlich übergeben werden in Cabra, Córdoba, oder wo immer sie sich aufhält. Amen, Jesus.
2. Im Namen unseres Herrn Jesus Christus und unserer Herrin, der Unbefleckten Jungfrau Maria. Gott werde allen Dingen dieser Welt vorgezogen. Amen, Jesus.
Gott beschütze Euch, vielgeliebte Schwester in Jesus Christus, gute Herzogin von Sesa, Euch und alle in Eurer Begleitung, und wem immer es Gott gefällt. Amen, Jesus.
3. Dieser Brief soll Euch, tugendreiche Herzogin, davon in Kenntnis setzen, dass ich, sobald ich mich von Euch verabschiedete, nach Alcaudete, Jaén, kam, um dort Doña Francisca zu sehen, und dass ich mich von dort aus nach Alcalá la Real begab, wo ich vier Tage lang sehr krank darniederlag. Ich lieh mir drei Dukaten, um einigen sehr bedürftigen Menschen zu helfen, denn ich traf alle Hauptleute von Alcalá in hellem Aufruhr gegen den Corregidor an. Gleich nachdem ich gesund war, brach ich nach Granada auf, ohne in Alcalá um Almosen zu bitten. Gott weiß um die Not, mit der mich die Armen erwarteten.
4. Meine gute Herzogin und Schwester in Jesus Christus, das Almosen, das Ihr mitgabt, werden die Engel im Buch des Lebens aufzeichnen.
Der Ring ist gut verwendet worden, denn zwei Arme, die gerade ankamen, konnten mit dem Erlös bekleidet und mit einer Decke versorgt werden. Dieses Almosen steht nun vor unserem Herrn Jesus Christus und bittet für Euch. Die Albe und die Kerzenleuchter legte ich in Eurem Namen auf den Altar, damit Ihr in allen Messen und Gebeten teilhabt an ihrer Frucht. Möge unser Herr uns deshalb als Lohn den Himmel schenken. Gott vergelt Euch den guten Empfang, den Ihr und all Euer Gesinde mir bereitet habt. Der Herr nehme Eure Seele in den Himmel auf und die Seelen aller, die in diesem Hause wohnen.
5. Den Herren von Andalusien und Kastilien bin ich zu großem Dank verpflichtet, aber noch viel mehr dem guten Herzog von Sesa und all den Seinigen. Gewaltig ist die Nächstenliebe, die ich in seinem Haus erleben durfte. Gott vergelte es ihm für all die Male, die er mich aus Not und Unbedarftheit errettet hat. Unser Herr Jesus Christus möge ihm Segen in Fülle schenken.
6. Gute Herzogin, Ihr versteht schon, dass ich das, was Ihr mir anempfohlen habt, immer in meinem Herzen bewahre. Gott werde immer allen Dingen dieser Welt vorgezogen, indem wir nur auf Jesus Christus vertrauen, der die alleinige Sicherheit ist. Ich, Johannes von Gott, glaube, dass, wenn Gott es verfügt, der Herzog bald an Leib und Seele gesund wieder zurückkommen wird. Wenn er kommt, dann fragt ihn das, was ich Euch gesagt habe, und Ihr werdet sehen, ob es die Wahrheit ist. Vertraut allein auf Jesus Christus. Verflucht sei der Mensch, der auf Menschen sein Vertrauen setzt. Denn von den Menschen wird man im Stich gelassen, Jesus allein ist treu und ewig. Alles vergeht, mit Ausnahme der guten Werke.
7. Gute Herzogin, seid immer auf der Hut, denn, wenn wir es recht sehen, befinden wir uns in einem dauernden Krieg mit dieser Welt, mit dem Teufel und mit dem Fleisch. Und immer ist es nötig, auf der Hut zu sein, denn wir wissen die Stunde nicht, in der Er selbst an die Tür unserer Seele klopfen wird und uns so, wie er uns dann antrifft, richten wird.
8. Wenn Ihr Euch schlafen legt, gute Herzogin, bezeichnet Euch mit dem Zeichen des Kreuzes, erneuert Euren Glauben, sprecht ein Credo, ein Vaterunser, ein Ave Maria und ein Salve Regina, denn dies sind die vier Gebete, die die hl. Mutter Kirche uns zu beten lehrt. Tragt dies auch Euren Hofdamen und Bediensteten auf. Ich glaube, dass Ihr es tut, denn, als ich bei Euch war, sah ich die Eurigen die christliche Lehre wohl befolgen.
9. Ihr werdet nun recht traurig sein, meine Schwester, gute Herzogin von Sesa, denn man hat mir gesagt, dass Don Alvaro und Don Bernardino sich von Euch entfernt haben. Jesus Christus möge mit ihnen sein und sie führen und leiten und wieder zu Euch zurückgeleiten, zu Euch, ihrer tugendreichen und demütigen Mutter Doña Maria de Mendoza. Seid nicht traurig deswegen, tröstet Euch allein mit Jesus Christus. Sucht keinen Trost in diesem Leben, sondern nur im Himmel, und wenn Er ihn Euch hier schon gewähren möchte, dann sagt ihm dafür Dank.
10. Wenn Ihr Euch im Leid befindet, nehmt Eure Zuflucht zum Leiden des Herrn und seinen kostbaren Wunden und Ihr werdet Trost erfahren. Seht, wie sein ganzes Leben nur aus Mühen bestand, um uns ein Beispiel zu geben. Tagsüber predigte er, und während der Nacht betete er. Und wir arme Sünder und elende Erdenwürmer – weshalb richten wir unser Augenmerk nur auf Ruhe oder Reichtum? – Selbst wenn die ganze Welt unser wäre, würden wir nicht in einem Punkt gebessert oder uns auch nur mit dem zufrieden geben, was wir haben. Nur der ist zufrieden, der, losgelöst von allen Dingen, Jesus Christus liebt.
Indem Ihr alles für Jesus Christus hingebt, so wie Er es tat, und wie Ihr, gute Herzogin, es immer mehr zu tun wünscht, zeigt Ihr, dass Ihr Jesus Christus mehr liebt als diese Welt und in Ihn Euer Vertrauen setzt und in Ihm alle liebt, damit sie gerettet werden.
11. O gute Herzogin, wie die keusche Taube seid Ihr allein und entfernt von dieser Stadt, weit weg vom Treiben des Hofes in Erwartung Eures guten Herzogs, Eures großmütigen und demütigen Gatten, versunken ins Gebet und Almosen spendend und allen wohltuend, damit ein Teil diesen unseren guten Herzog von Sesa erreicht und damit Christus ihn vor den Gefahren des Leibes und der Seele schützen möge. Gefalle es Gott, ihn bald wieder zu Euch zu bringen, und Euch reiche Gnade zu schenken, damit Ihr immer ihm dient, ihn liebt und ihm alles schenkt zu seiner größeren Ehre.
12. Viel verdankt Euch der Herzog, denn immer betet Ihr für ihn und habt soviel Sorge und Mühe, um das Haus zu bestellen. Auf diese Weise tut Ihr die Werke der Barmherzigkeit, indem Ihr den Euren zu essen und Kleidung gebt. Einige sind alt und andere sind jung. Was würde aus ihnen allen ohne Euch, aus diesen Mädchen und Damen, aus den Waisen und Witwen? Alle sind verpflichtet, Euch zu dienen und Euch treu zu sein, und Ihr, ihnen Gutes zu tun, denn Gott liebt alle.
13. Wenn wir recht bedenken würden, wie groß das Erbarmen Gottes ist, so würden wir nie unterlassen, das Gute zu tun. Wenn wir um seiner Liebe willen den Armen das weitergeben, was Er uns gibt, verspricht er uns das Hundertfache in den Seligpreisungen. O seliger Besitz und heiliger Wucher! Wer gäbe nicht alles, was er hat, diesem göttlichen Kaufmann, der mit uns einen so guten Handel macht und uns mit ausgebreiteten Armen bittet, uns zu bekehren und unsere Sünden zu beweinen; und zuerst unsren Seelen und dann denen unserer Mitmenschen Liebe zu erweisen. Wie das Wasser das Feuer zum Erlöschen bringt, genauso ist es mit der Liebe und der Sünde.
14. Meine Schwester in Jesus Christus, Ihr sollt wissen, dass ich in einer großen Notlage bin, wie mein Mitarbeiter Angulo Euch bestätigen kann. Ich erneuere zurzeit das ganze Haus, das voll Schäden und in einem üblen Zustand ist. Mit diesem Werk befinde ich mich in einer großen finanziellen Not. Deswegen habe ich beschlossen, nach Zafra (Badajoz) zu schreiben, an den Grafen von Feria und an den Herzog von Arcos, da ja der Meister Avila sich dort befindet, der ein guter Fürsprecher sein wird. Und sie werden mir sicher eine Hilfe zukommen lassen, um aus dem Gröbsten herauszukommen. Ich vertraue darauf, dass sie es mit der Hilfe unseres Herrn Jesus Christus tun werden.
15. Meine Schwester, immer falle ich Euch zur Last, aber ich hoffe auf Gott, der eines Tages die Ruhe unserer Seele sein wird. Ich will Euch sagen, dass ich an jenem Tag, als ich in Córdoba war und durch die Stadt ging, ein Haus fand, das sich in einer großen Notlage befand, in dem zwei junge Frauen wohnen, deren Vater und Mutter bettlägerig und auch seit zehn Jahren gelähmt sind. In solcher Armut und Trübsal fand ich sie vor, dass sie mir fast das Herz brachen. Sie waren kaum bekleidet, in unsäglicher Qual und nur auf einem Strohlager. Ich half, so gut ich konnte, denn ich war in Eile, um mit Meister Avila zu verhandeln, aber ich konnte ihnen nicht so helfen, wie ich gerne gewollt hätte.
16. Meister Avila hieß mich sofort aus der Stadt gehen und nach Granada zurückkehren. In dieser Eile überließ ich diese Armen der Obhut gewisser Personen, und sie müssen es wohl vergessen haben, oder sie wollten und konnten nicht mehr tun. Die Betroffenen haben mir einen Brief geschrieben, der mir sehr zu Herzen ging wegen seines tragischen Inhalts.
Ich befinde mich in einer so großen Notlage, dass ich an dem Tag, an dem ich die Arbeiter zahlen sollte, einige Arme ohne Essen lassen musste. Gott weiß es, und ich sage es Euch, dass ich mich ohne einen Heller befinde. Den letzten Pfennig gab ich Angulo auf den Weg mit.
17. Gute Herzogin, ich möchte, wenn Gott es will, dass Ihr dieses Almosen gewinnen möget, für jene, die es verloren haben. Es sind vier Dukaten – drei sind für jene Armen gedacht –, damit sie sich Decken und Kleidung kaufen können. Denn mehr ist eine Seele wert als alle Schätze der Welt, und diese armen Mädchen mögen nicht sündigen wegen einer so geringen Angelegenheit. Das restliche Geld wird für Angulo sein, meinen Begleiter, damit er nach Zafra hin und zurückkommen kann. Ich erwarte ihn sehnsüchtig und hoffe, er kommt mit einer Hilfe oder mit einem Almosen. Ihr seid Euren Vasallen mehr verpflichtet als den Fremden – obwohl alles Gewinn bedeutet –, ob Ihr nun dort gebt oder hier. Wenn Ihr nichts hättet, um das Almosen zu geben, dann sollte Angulo zwei Malter Weizen verkaufen in Alcaudete, und wenn Ihr sie ihm geben wolltet, dann weiß er schon, was er tun muss und wo jene Armen leben.
18. Meine Schwester, übermittelt meine Grüße und besten Wünsche Eurer Hausverwalterin in Valladolid und all diesen Hofdamen – jener, die singt – und allen in Eurem Haus, besonders Mosén Juan. Unser Herr Jesus Christus bewahre Euch, meine gute Herzogin. Euer geringer und ungehorsamer Johannes von Gott, der, wenn Gott es verfügt, sterben, immer aber schweigen und auf Gott vertrauen möchte, der das Heil aller wie auch sein eigenes erhofft. Amen, Jesus.
19. Gute Herzogin, wenn Ihr ihm ein Almosen gebt, gebt ihm einen Brief von zwei Absätzen mit, damit er ihn mir bringt, und damit ich weiß, ob Ihr alles getan habt. Auch das mit dem Weizen wird mit der Zeit geregelt werden können. Fertigt den Angulo bald ab mit dem, was Gott möchte und befiehlt und mit dem, was Ihr geben wollt. Amen, Jesus.
Dorf in der andalusischen Sierra Nevada
1. Im Namen unseres Herrn Jesus Christus und unserer Herrin, der Unbefleckten Jungfrau Maria. Gott werde allen Dingen dieser Welt vorgezogen. Amen, Jesus.
Meine vielgeliebte Schwester in Jesus Christus, edle, tugendreiche, großherzige und demütige Herzogin von Sesa: Gott beschütze und behüte Euch und alle, denen er seine Liebe schenken will. Amen, Jesus.
2. Dieser Brief soll euch zeigen, wie es mir geht, und Euch Anteil haben lassen an meinen Sorgen, Nöten und der Angst meines Herzens, die von Tag zu Tag zunimmt.
Jeden Tag vergrößern sich die Schulden und die Zahl der Armen in ungeheurer Weise. Die Armen kommen nackt und ohne Fußbekleidung, verwundet und in einem elenden Zustand. Dies macht nötig, dass ein oder zwei Männer für ihre Sauberkeit sorgen; diese Arbeit wird den ganzen Winter bis zum kommenden Mai andauern.
3. Also, meine Schwester in Jesus Christus, diese meine Sorgen nehmen von Tag zu Tag immer mehr zu. Dem Herrn Jesus Christus gefiel es, seine geliebte Doña Francisca, die Tochter des Don Bernardino und die Nichte des Marqués de Mondéjar zu sich zu nehmen. Während sie auf dieser Erde weilte, tat sie mit der Hilfe unseres Herrn Jesus Christus immer viel Gutes an den Armen, so dass alle, die sie um der Liebe Gottes willen anflehten, nie ohne Almosen blieben und niemand ungetröstet von ihr wegging. Andererseits hatte diese Gott wohlgefällige Jungfrau die Gabe so guter Worte.
4. Sie gab ein so herrliches Beispiel und war so fest in der christlichen Lehre verankert, dass alle Dinge, die sie tat, ein ganzes Buch erfordern würden, wenn man es aufschriebe. Trotzdem werde ich eines Tages ausführlicher über die Taten dieser gesegneten Jungfrau, Doña Francisca, schreiben, die der Herr nun zu sich holen wollte, wo sie sich der Gesundheit und des Lebens erfreute, so wie wir es glauben und Grund dafür haben nach alldem, was wir an ihr erfahren haben. Wenn man ihre Liebe zu Gott betrachtet, ihre guten Werke und sah, wie die Gnade unseres Herrn Jesus Christus in ihr wirkte, und wie viel Gutes sie allen tat in Rat und Almosen – denn für alle und für alles gab ihr Jesus Christus Gnade –, so ist sie also sicher wegen ihres Lebenswandels, den wir, die wir sie kannten, beurteilen konnten, sicher mit unserem Herrn Jesus Christus, mit allen Engeln und mit dem ganzen himmlischen Hofstaat vereint.
5. Ihren Tod haben alle sehr tief empfunden, die sie gekannt haben – Reiche und Arme –, und mit noch viel mehr Grund müsste ich ihn empfinden wie kein anderer sonst, wegen des Rates und Trostes, den sie mir immer schenkte, denn wie immer – wie untröstlich ich auch immer in ihr Haus kam –, nie ging ich ohne Trost und gutes Beispiel fort. Und wenn unserem Herrn gedient würde, indem er sie von uns nahm, sei er für immer gepriesen. Denn er weiß allein, was er tut und was wir brauchen, besser als wir es denken können.
6. Vielgeliebte Schwester in Jesus Christus, ich habe Euch dies alles von meinen Nöten und meiner Herzensangst und meinem Leid sagen wollen, weil ich weiß, dass Ihr Mitleid habt mit mir, so wie ich es mit Euch und Euren Dingen hätte. Viel schulde ich Euch, gute Herzogin. Nie werde ich die gute Aufnahme vergessen, und all das Gute, das Ihr mir tatet, weit mehr als ich verdiene.
7. Unser Herr Jesus Christus vergelte Euch im Himmel all das Gute und bringe Euch Euren guten Herzog von Sesa und Euren demütigen Diener bald zurück und spende Euch reichen Segen, damit Ihr ihm dient und ihn über alle Dinge dieser Welt liebt. Vertraut nur auf Jesus Christus, dass er bald gesund an Leib und Seele zurückkommen wird. Habt keine Angst, seid nicht ohne Trost, denn von jetzt ab werdet Ihr mehr Freude empfangen, als es bisher der Fall war. Ihr werdet merken, dass es die Wahrheit ist, was ich Euch sagte, indem ich nur auf Jesus Christus vertraue. Gott sei vor allen Dingen dieser Welt, denn ich weiß nichts, und Jesus Christus weiß alles. Und mit Seiner Hilfe werdet Ihr bald getröstet werden mit der Rückkehr Eures demütigen Gatten, den ich so sehr liebe und dem ich so viel verdanke, ihm und seinem ganzen Haus.
8. Wie viele Male hat er mir in bitterer Not geholfen, hat mich getröstet mit seinem Almosen, das die Engel des Himmels im Buch des Lebens verzeichnet haben, dort nämlich, wo er einen großen Schatz aufgehäuft hat, so dass Ihr, gute Herzogin, wenn Ihr dorthin gelangt, sowie auch Euer Gemahl, auf ewig des himmlischen Lichts sich erfreuen werden. Unser Herr Jesus Christus möge ihn (Euren Gatten) bald zu Euch zurückführen, Euch reichen Segen gewähren, damit Ihr ihn preist und ihm dankt, wie Ihr es ohnehin zu tun pflegt, und wenn er uns zuweilen Mühsal schickt, so ist es zu unserem Besten und dass wir noch mehr Gnade verdienen.
9. Ich finde keinen besseren Trost in der Not, als unseren gekreuzigten Herrn Jesus zu betrachten, an Seine heiligste Passion zu denken, an seine Qualen und die Todesangst, die er in seinem Leben für uns Sünder, Übeltäter, Undankbare und Unbekannte auf sich genommen hat, desgleichen im Blick auf das Lamm Gottes ohne Makel, das schuldlos so viel Leid auf sich genommen hat. Weshalb wollen wir Genuss und Ruhe in dieser Erde suchen, wo man unserem Herrn Jesus Christus so großes Leid zufügt, der uns erschaffen und erlöst hat? Welcherart ist eigentlich unsere Erwartung?
10. Und so, gute Herzogin, wenn wir es recht besehen, ist dieses Leben nichts anderes als ein fortwährender Kampf, ein Leidensweg, während wir hier in diesem Jammertal sind, in diesem Exil, in dauernder Fehde gegen die drei Todfeinde, die da sind: die Welt, der Teufel und das Fleisch.
11. Die Welt lockt uns mit Laster und Reichtum, verspricht langes Leben, gaukelt uns vor, schau her, du bist doch noch jung, gib dich dem Vergnügen hin, im Alter wirst du dich dann schon bessern.
12. Der Teufel, der uns alle Arten von Netzen und Fallstricken auslegt, Netze, in die wir fallen und uns nicht mehr zurechtfinden, und uns nicht mehr um die Liebe kümmern. Dafür verlegen wir unsere ganze Sorge auf die zeitlichen Güter, erinnern uns nicht mehr an Gott und kümmern uns nicht mehr darum, unsere Seele rein zu erhalten und gute Werke zu tun. Wenn wir also von einer Sorge befreit sind, geraten wir schon in die nächste; oder aber, wir nehmen uns vor, nach Abschluss einer Angelegenheit endlich unser Leben zu bessern, und so geschieht es ein um das andere Mal, und nie gelingt es uns, diesen Fallstricken des Bösen zu entkommen, bis zur Stunde des Todes, wo uns alles falsch und nutzlos erscheint, was die Welt und der Teufel versprechen. Und wenn uns dann der Herr so vorfindet, wird er uns entsprechend richten. Darum wäre es gut, uns zuzeiten zu bessern, und es nicht so zu halten wie jene, die da sagen: „morgen“, „morgen“, und die niemals anfangen.
13. Der andere noch größere Feind, der wie ein Dieb Haus und Besitz umstellt, gaukelt uns unter schönen Worten und guten Vorsätzen einiges vor und versucht, uns ins Verderben zu stürzen. Dieser Feind ist das Fleisch, oder unser Körper, der nur gut essen und trinken, sich schön kleiden, gut schlafen, wenig arbeiten und nur in Luxus und Angeberei leben möchte.
14. Gegen diese drei Feinde benötigen wir die Hilfe, Gunst und Gnade Jesu Christi. Wir müssen uns unserer Selbst entledigen, um der Fülle willen, die Jesus Christus ist, unser ganzes Vertrauen nur auf ihn setzen, die Wahrheit und all unsere Sünden dem Beichtvater bekennen, die Buße verrichten, die er uns auferlegt, und uns vornehmen, um Christi willen, niemals mehr zu sündigen. Und wenn wir doch wieder in Sünde fallen, oft beichten.
15. Auf diese Weise werden wir die Feinde, von denen ich gesprochen habe, besiegen können. Nicht, weil wir unser Vertrauen auf unsere Kraft setzen, denn wir würden tausendmal am Tag erneut in Sünde fallen, sondern weil wir vielmehr unser ganzes Vertrauen allein in Jesus Christus sehen. Nur um Seiner Liebe und Güte willen wollen wir nicht schlecht von anderen sprechen, noch ihnen Schaden zufügen, sondern für unseren Nächsten das wünschen, das wir selber für uns wünschen. Ferner wollen wir ersehnen, dass alle gerettet werden und nur Jesus lieben und ihm dienen, und zwar um Seiner selbst willen und nicht aus Furcht vor der Hölle. Der Beichtvater soll nach Möglichkeit ein gütiger, gelehrter Mann sein mit gutem Ruf und Lebenswandel. Dies alles, meine Schwester in Jesus Christus, wisst Ihr besser als ich, und wenn Ihr mir einen guten Rat zukommen lassen wollt, so werde ich ihn von Herzen gern aufnehmen, wie von einer Schwester in Jesus Christus.
16. Und nun, meine vielgeliebte und verehrte Schwester, möchte ich Euch fragen, wie Ihr Euch befindet und wie es Euch ergeht, nachdem Don Alvaro und Don Bernardino Euch verlassen haben, Euere so sehr edlen und tugendreichen Onkel und Brüder, die in Jesus Christus auch die meinigen sind, und denen ich von Herzen zugetan bin. Gott lohne ihnen die gute Aufnahme, die sie mir immer bereiteten, wo immer ich mich befand. Unser Herr nehme vom Himmel aus ihre Seelen entgegen, und er führe sie heil und wohlbehalten zu ihrer edlen, demütigen, großherzigen und tugendreichen Mutter, Doña Maria de Mendoza zurück, die immer bestrebt ist, unserem Herrn Jesus Christus zu dienen und zu gefallen.
17. Ich hätte gerne Nachricht darüber, wie sie sich befinden, und wie sie ankamen, sowie auch gute Nachricht von Eurem demütigen Gatten, dem guten Herzog, um dessen Wohlergehen ich so sehr besorgt bin, so dass ich gerne erfahren möchte, wie es ihm geht, und an welchem Ort er sich befindet. Möge es unserem Herrn Jesus Christus gefallen, ihn bald und gesund an Leib und Seele zu uns zurückzuführen, ihn, seine ganze Begleitung und alle, die Gott lieben. Amen, Jesus.
18. O meine vielgeliebte, gute und demütige Herzogin, meine Schwester! Wie einsam und abgeschlossen seid Ihr in diesem Schloss von Baena (Córdoba), umgeben von Eurem tugendhaften Gesinde und den ehrenwerten Dienerinnen, die Tag und Nacht arbeiten und spinnen, damit sie nicht müßig dasitzen und die Zeit vergeuden. Möchtet Ihr Euch doch unsere Herrin, die Unbefleckte Jungfrau Maria, zum Vorbild nehmen, die, obwohl sie Mutter Gottes und Königin der Engel und Herrin der Welt ist, den ganzen Tag arbeitete und webte, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, und die nachts und zeitweise auch tags in ihrer Abgeschlossenheit betete, um uns zu verstehen zu geben, dass wir nach der Arbeit unserem Herrn Jesus Christus Dank sagen sollen, weil er uns so großes Erbarmen zeigt, indem er uns nährt, tränkt und kleidet und uns unverdienterweise alle Dinge schenkt. Aber wenn er seinen Segen nicht spenden würde, was würde all unsere Arbeit, Schlauheit und Klugheit bewirken?
19. So fahrt also fort zu arbeiten und Euch um Werke des Erbarmens zu bemühen. Lasst all die Eurigen in christlicher Lehre unterweisen, haltet sie an, die Gebete zu sprechen, die die heilige Mutter Kirche uns zu beten lehrt. Unterweist diejenigen, die sie nicht kennen. Denkt immerfort an das Leiden unseres Herrn Jesus Christus, an Seine kostbaren Wunden, und sagt ihm, dass ihr ihn allein mehr liebt, als alle Dinge dieser Welt, und dass ihr das liebt und verehrt, was Er liebt, und das verabscheut, was er verabscheut, und dass ihr um seiner Liebe und Güte willen und nicht aus irgendeinem anderen Interesse heraus das Gute tun und den Armen und Bedürftigen Nächstenliebe erweisen sollt.
20. Nun, meine Schwester, verzeiht mir die Weitschweifigkeit, mit der ich Euch immer schreibe, obgleich ich Euch immer noch nicht alles schreibe, was ich Euch gerne sagen möchte, denn ich bin in Bedrängnis und sehe sehr schlecht, und ich bin in großer Not, was Euch unser Herr Jesus Christus zu verstehen geben möge. Mit diesem Werk, das ich begonnen habe, bin ich sehr in Sorge, denn ich bin gerade dabei, das ganze Hospital zu erneuern. Es gibt so viele Arme und so hohe Ausgaben, und wir haben ja keinerlei Einkommen, aber unser Herr Jesus Christus wird für uns sorgen, denn ich allein vermag nichts.
21. Ich würde gerne bald in diesen Teil von Andalusien reisen bis Zafra (Badjoz) und Sevilla, aber ich kann nicht, bevor ich dieses Werk hier beendet habe, damit es nicht vor die Hunde geht. Und andrerseits bin ich so im Druck und in so großer Bedrängnis, dass ich weder ein noch aus weiß.
22. Und so, vielgeliebte Schwester in Jesus Christus, schicke ich Angulo zu Euch, damit er das Getreide entweder verkaufe oder mitbringe, je nachdem es euch besser dünkt. Schließlich und endlich benötige ich ganz dringend Geld für dieses Werk und um einige Schulden zu begleichen, die uns ruinieren. Da ich auch nicht weiß, womit ich diejenigen bezahlen soll, die es (das Getreide) bringen werden, weil die Kosten so hoch sind, scheint es mir besser, es zu verkaufen. Seht also Ihr, meine Schwester, zu, was Euch besser erscheint. Angulo bringt den Beleg für den Weizen und meine Vollmacht, die ich von einem Schreiber anfertigen ließ. Um der Liebe unseres Herrn Jesus Christus willen, möge er doch nicht ohne irgendeine Art von Hilfe kommen, denn, sobald Angulo zurückkommt, werden wir nach Sevilla und Zafra aufbrechen, um den Grafen von Feria und den Herzog von Arcos zu besuchen, da sich jetzt der Meister Avila bei ihnen aufhält. Vielleicht ist es so der Wille unseres Herrn Jesus Christus, und sie können mir in irgendeiner Hinsicht Erleichterung verschaffen.
Besser ist es, selber zu gehen und keine Briefe zu schreiben, denn diese Herren haben so viel zu tun und so viele Armen mit Almosen zu versorgen, so dass, wenn einer nicht direkt vor ihnen steht, sie es wieder vergessen, wozu sie gesandt waren, was mich nicht erstaunt, denn diese Herren werden richtiggehend von den Armen verfolgt und dauernd belästigt. Der Meister Avila hat mich außerdem durch Angulo wissen lassen, dass ich dorthin kommen soll.
23. Meine Schwester in Jesus Christus. Der Herr vergelte Euch im Himmel das Almosen, das Ihr Angulo für die Armen gegeben habt, und für seine Ausgaben auf dem Weg, die vier Dukaten betragen haben. Er hat mir schon alles berichtet und auch, wie sehr Ihr Anteil an meinen Mühen nehmt. Verzeiht mir, dass ich nicht bei Euch vorbeikommen kann wegen einiger Briefe.
Deshalb, meine vielgeliebte Schwester in Jesus Christus, bitte ich Euch um der Liebe unseres Herrn Jesus Christus willen, Euch meine Mühen, Ängste und Nöte zu Herzen gehen zu lassen, damit der Herr Euch und Eurem Tun sein Erbarmen in dem Maße – wie es ihm gefällt – zuwenden möge. Amen, Jesus.
24. Meine Schwester und gute Herzogin! Übermittelt meine Grüße Eurer tugendhaften Hausverwalterin, sie möge Gott für mich bitten, denn so werde auch ich es für sie tun; grüßt ferner alle demütigen und tugendreichen Frauen und Damen Eures edlen Hauses, sie mögen für mich beten, denn ich bin in einem gewaltigen Kampf und Krieg. Desgleichen übermittelt meine Grüße meinem lieben Bruder, dem Hochwürdigen Johannes, er möge mir schreiben, wie es ihm geht, ferner Grüße an alle Diener und Herren Eures edlen Hauses.
25. Alle mögen unseren Herrn Jesus Christus bitten, er schenke mir Gnade und Kraft, die Welt zu bestehen, den Teufel und das Fleisch zu besiegen, seine heiligen Gebote zu halten und das für wahr zu halten, was die heilige Mutter Kirche für wahr hält; meine Sünden in echter Zerknirschung zu bereuen und die mir durch den Beichtvater auferlegte Buße zu tun, Jesus allein zu lieben und ihm zu dienen. Dies alles werde ich auch für sie erbitten, Doña Isabel, der Musikkünstlerin, übermittelt auch meine Grüße, sagt ihr, unser Herr Jesus Christus möge ihr schenken, in der Tugend immer mehr Fortschritte zu machen.
26. Zu Euch kommt Johannes von Avila, mein Begleiter, obwohl ich ihn immer Angulo nenne, ist sein wahrer Name doch Johannes von Avila.
Meine vielgeliebte Schwester, gute Herzogin von Sesa, schickt mir einen anderen Ring oder irgendein Stück Eures Besitzes, um es verpfänden zu können. Der andere Ring ist hier gut aufgehoben, Ihr habt ihn als Schatz für den Himmel. Sagt der demütigen Hausverwalterin und allen Hofdamen und Damen Eures Gesindes, wenn sie irgend etwas aus Gold oder Silber haben, das sie für die Armen schicken können, und somit im Himmel einen Schatz haben, dann mögen sie es mir zukommen lassen, dass ich mich ihrer erinnere. Unser Herr Jesus Christus behüte und beschütze Euch, gute Herzogin, sowie alle Menschen Eures Gesindes, und alle Menschen seines Erbarmens. Amen, Jesus.
Mit oder ohne Eure Gabe bin ich Euch in jeder Hinsicht verpflichtet, zu Gott für alle und alles in Eurem edlen Haus zu beten.
27. Euer ungehorsamer und geringer Bruder Johannes von Gott, der, wenn es Gott gefällt, gerne sein Leben hingibt, immer aber schweigen und auf Gott hoffen will; der die Rettung aller Menschen wie auch seine eigene herbeisehnt. Amen, Jesus.
Gute Herzogin, viele Male erinnere ich mich der Geschenke, die Ihr mir in Cabra (Córdoba) und Baena (Córdoba) zukommen ließet.
Ich denke auch immer wieder an die Brotstücke, die Ihr mir gabt, um sie zu verteilen. Gott gebe Euch den Himmel und mache Euch seiner Gaben teilhaftig. Amen, Jesus.
Dorf in der andalusischen Sierra Nevada
Einleitung
Als Johannes im Sterben liegt, schreibt er einen bewegenden Brief an die Herzogin von Sesa, den er nicht mehr vollenden kann. Dieses Dokument ist eine Art „geistliches Testament“ und zeugt von seinem Glauben wie auch von seiner Hellsichtigkeit für das Wesentliche im Leben.
Der Sterbende spricht in dem Brief von seinen „drei geistlichen Waffen“ und erläutert im Detail, was es heißt, zu glauben, zu hoffen und dem Nächsten zu dienen. Er schreibt, dass man Gott vor allem drei Dinge schulde, nämlich Liebe, Dienst und Ehrfurcht. In diesem Sinn lädt er dazu ein, drei Dinge zu tun: zu beten, zu arbeiten und auf die „Erhaltung des Körpers“ zu achten.
Wichtig sei es zudem, an drei Dinge zu denken: an die eigene Todesstunde, die Qualen der Hölle und die Seligpreisungen. Das „Testament“ des Johannes von Gott endet mit den Worten: „Vor allem ... habt immer die Liebe; sie ist die Mutter aller Tugenden.“
Brieftext
1. Dieser Brief möge der demütigen und großherzigen Doña Maria de los Cobos y Mendoza, der Gemahlin des edlen und tugendreichen Don Gonzalo Fernández de Córdoba, Herzog von Sesa, übergeben werden, meinen Geschwistern in unserem Herrn Jesus Christus.
2. Im Namen unseres Herrn Jesus Christus und unserer Herrin, der Unbefleckten Jungfrau Maria. Gott sei allen Dingen dieser Welt vorgezogen. Amen, Jesus.
Gott zum Gruß, meine Schwester in Jesus Christus, gute Herzogin von Sesa, und auch allen, die mit Euch sind und die Gott seines Grußes würdigt. Amen, Jesus.
3. Die große Liebe, die ich immer für Euch empfunden habe, sowohl für Euch als auch für Euren demütigen Gatten, den guten Herzog, verpflichtet mich, Euch nicht zu vergessen wegen des vielen, das ich Euch schulde und verpflichtet bin, da Ihr mir mit Eurem Almosen und Eurer Liebe immer beigestanden und mir geholfen habt, in meinen Sorgen und Nöten, um die Armen dieses hl. Hauses Gottes zu erhalten und zu kleiden und auch noch viele andere, die nicht in diesem Haus leben.
Ihr habt dies immer sehr gut getan als gute Edelleute und Streiter Jesu Christi.
Dies alles verpflichtet mich, Euch diesen Brief zu schreiben, gute Herzogin, denn ich weiß nicht, ob ich Euch noch öfter werde sehen oder sprechen können. An meiner Statt sei es Jesus Christus, der Euch ansieht und mit Euch spricht.
4. So groß ist der Schmerz, den mir meine Krankheit bereitet, dass ich kaum sprechen kann, und ich weiß nicht einmal, ob ich diese Zeilen zu Ende bringen werde.
Viel würde es mir bedeuten, Euch zu sehen. Deshalb bittet den Herrn, sofern es seinem Willen entspricht, mir wieder die Gesundheit zu schenken, von der er weiß, dass ich sie brauche, um mich zu retten, und um Buße für meine Sünden zu tun. Wenn es Ihm gefällt, mir die Gesundheit zurückzugeben, möchte ich Euch gerne besuchen und die Mädchen mitbringen, um die Ihr mich gebeten habt.
Meine Schwester in Jesus Christus, ich gedachte, Weihnachten bei Euch zu verbringen, aber Jesus Christus hat es besser gefügt, als ich es verdiene.
5. O gute Herzogin! Jesus Christus vergelte Euch im Himmel das Almosen und die große Liebe, die Ihr mir immer zuteilwerden ließet, und er bringe Euch den guten Herzog, Euren demütigen und großherzigen Gatten zurück und schenke Euch reichen Segen, wie ich es in Jesus Christus erhoffe. Und denkt immer daran, was ich Euch eines Tages in Cabra (Córdoba) sagte: „Setzt Euer ganzes Vertrauen allein auf Jesus Christus, von ihm werdet Ihr Trost empfangen, auch wenn Ihr jetzt in der Gegenwart Mühsal erleidet; denn schließlich werden all diese Mühsale nur zu einem größeren Trost und Heil Eurer Seele verhelfen, wenn Ihr sie um Jesu willen auf Euch nehmt.“
6. O guter Herzog, o gute Herzogin, seid gesegnet, Ihr und Eure Nachkommen. Da ich Euch nicht sehen kann, segne ich Euch von hier aus, obgleich ich ein unwürdiger Sünder bin.
Gott, der Euch erschuf und Euch am Leben erhält, schenke Euch auch die Gnade zu Eurer Rettung. Amen, Jesus.
Der Segen Gott des Vaters, die Liebe des Sohnes und die Gnade des Heiligen Geistes sei immer mit Euch, mit allen und auch mit mir. Amen, Jesus. Immer möget Ihr von Jesus Christus getröstet werden und seinen Schutz erfahren, denn um seinetwillen habt Ihr mir geholfen und mich aus der Not errettet, meine Schwester in Jesus Christus, gute und demütige Herzogin.
7. Wenn es Christus gefällt, mich aus diesem gegenwärtigen Leben hinwegzunehmen, hinterlasse ich und ordne an, dass, wenn mein Begleiter Angulo kommt, der bei Hof vorgesprochen hat, und den ich Euch anempfehle, denn er und seine Frau befinden sich in großer Armut, er Euch meine geistlichen Waffen überbringe. Es sind drei aus Goldfaden gefertigte Buchstaben, die am Rand bunt gefärbt sind. Ich habe sie bewahrt, seit ich mit der Welt in den Kampf getreten bin. Hebt sie gut auf mit diesem Kreuz, um sie dem guten Herzog zu überreichen, wenn Gott ihn mit Gaben heimkehren lässt.
8. Sie sind aus buntem Seidengewebe gefertigt, damit Ihr immer das kostbare Blut unseres Herrn Jesus Christus vor Augen habt, das er für das ganze Menschengeschlecht vergossen hat; und seine heiligste Passion. Es gibt keine höhere Art der Beschauung als jene in der Passion, und wer immer dieses hl. Leiden verehrt, wird mit Christi Hilfe nicht verloren gehen.
9. Drei sind die Buchstaben, denn drei sind auch die Tugenden, die uns zum Himmel führen: Die erste ist der Glaube, aus dem heraus wir all das glauben und für wahr halten, was die Mutter Kirche lehrt, indem wir ihre Gebote halten und sie ins Werk setzen. Der zweite Buchstabe bedeutet die Nächstenliebe. Zunächst erweisen wir unserer eigenen Seele Liebe, indem wir sie in der Beichte und Buße immer wieder reinigen. Schließlich die Liebe zu unseren Brüdern und Schwestern, indem wir für sie all das wünschen, was wir gerne für uns selbst in Anspruch nähmen. Der dritte Buchstabe ist die Hoffnung allein auf Jesus Christus. Denn um der Leiden und Mühsal willen, die wir um seinetwillen in diesem elenden Leben auf uns nehmen, wird er uns wegen seiner hl. Passion und seiner großen Barmherzigkeit die ewige Glorie schenken.
10. Diese Buchstaben sind aus Gold, denn so wie das Gold ein so kostbares Metall ist und, um wertvoll zu sein, Glanz und Farbe besitzen muss, was zunächst notwendig macht, von der Erde und dem Schmutz befreit und dann durch Feuer geläutert worden zu sein; so ist es auch mit der Seele, die ein so kostbares Gut ist. Sie muss von den Freuden und Lüsten dieser Welt abgesondert werden und bleibt auf diese Weise allein mit Jesus Christus verbunden, um dann im Feuer der Nächstenliebe geläutert zu werden durch Mühsale, Fasten und körperliche Bußwerke. So wird sie in Christi Augen wertvoll und erscheint vor dem göttlichen Gericht in überirdischem Glanz.
11. Das Tuch hat auch vier Ecken, die die vier Tugenden darstellen, welche die drei erstgenannten begleiten. Es sind dies: die Klugheit, die Gerechtigkeit, die Mäßigung und die Stärke.
Die Klugheit lehrt uns, klug und weise zu handeln in allen Dingen, die wir tun oder denken, indem wir den Rat der Älteren, die mehr wissen als wir, annehmen.
Die Gerechtigkeit soll heißen, dass unser Wandel gerecht sei und jedem das zukommen lasse, was ihm entspricht, so dass wir Gott geben, was Gottes ist, und der Welt, was der Welt ist.
Die Mäßigung unterweise uns, Zucht und Ordnung zu halten im Essen und Trinken, in der Kleidung und in all den anderen Dingen, die der menschliche Körper nötig hat.
Die Stärke sagt uns, dass wir stark und ausdauernd sein sollen im Dienst Gottes und ein frohes Gesicht zeigen trotz der Mühen, Schwierigkeiten und Krankheiten, genau wie bei Wohlergehen und Trost, indem wir Jesus Christus für das eine und andere Dank erweisen.
12. Auf der Rückseite trägt das Tuch ein Kreuz nach Art eines Windmühlenflügels. Jeder, der gerettet werden möchte, muss es tragen gemäß Gottes Willen und mit der Gnade, die nur er verleiht. Schließlich verfolgen wir alle ein einziges Ziel, jeder geht den Weg, den Gott ihm vorgezeichnet hat, und so sind einige Ordensleute, andere Kleriker, andere Einsiedler und wieder andere verheiratet, denn in jedem Stand kann ein Mensch gerettet werden, wenn er es nur will.
Dies alles, gute Herzogin, wisst Ihr viel besser als ich, und daher ist es müßig, zu sprechen, da Ihr mich ohnehin versteht.
13. Drei Dinge schulden wir Gott: Liebe, Dienst und Ehrfurcht. Liebe: denn als göttlichen Vater müssen wir ihn über alle Dinge dieser Welt lieben; Dienst: weil wir ihm dienen müssen wie einem Herrn, und zwar nur aus Güte und nicht aus Berechnung der Gnade, die er denen schenkt, die ihm dienen;
Ehrfurcht: weil er Schöpfer ist, indem wir seinen heiligen Namen nur auf die Lippen nehmen, um ihm Dank zu sagen und seinen heiligen Namen zu preisen.
14. In diesen drei Dingen, gute Herzogin, müsst Ihr Eure Zeit alle Tage Eures Lebens zubringen: im Gebet, in Arbeit und in der Erhaltung des Körpers. Im Gebet: indem Ihr dem Herrn Jesus Christus Dank sagt, immer wenn Ihr Euch morgens erhebt, und zwar für die Gnaden und Güter, die er Euch ohne Unterlass schenkt; dafür, dass er Euch nach seinem Bild und Gleichnis geschaffen und Euch die Gnade verliehen hat, Christen zu sein. Möchtet Ihr ihn immer um das Erbarmen bitten, Euch zu verzeihen und ihn schließlich für die ganze Welt bitten.
Bei der Arbeit: soweit sie körperlicher Natur ist, übt Euch in irgendeiner Tugendübung, damit wir unsere Speise verdienen, nach dem Beispiel Jesu Christi, der bis zu seinem Tod tätig war, und weil nichts so sehr zur Sünde verführt wie der Müßiggang. In der Erhaltung unseres Leibes: denn, so wie ein Wildhüter ein Tier pflegt und erhält, um sich dann seiner zu bedienen, so ist es schicklich, dass wir unserem Körper das zuteilwerden lassen, was zu seiner Kraft und zu Christi Dienst notwendig ist.
15. Meine viel und innig geliebte Schwester, um der Liebe Jesu Christi willen bitte ich Euch, die drei Dinge in Eurem Gedächtnis zu bewahren: die Todesstunde, der niemand entgehen kann, die Qualen der Hölle und die Seligpreisungen des Paradieses.
Was das erste betrifft, denkt immer daran, wie der Tod all das Elende dieser Welt zunichtemacht und wie uns zum Schluss nur ein Stück zerrissenes und schlecht geflicktes Tuch übrig bleibt.
Zum zweiten, denkt daran, wie wir wegen so geringer Freuden und bald vergänglichen Zeitvertreibs willen zur Rechenschaft gezogen werden und – falls wir in einer Todsünde sterben – ins höllische Feuer, das ewig währt, geworfen werden.
Und betrachtet drittens die Glorie und Seligpreisung, die Jesus Christus denen bereitet hat, die ihm dienen, die noch kein Auge geschaut und noch kein Ohr gehört hat und die noch in keines Menschen Herz gedrungen ist.
16. Meine Schwester in Jesus Christus, bemühen wir uns also um der Liebe Christi willen, und lassen wir uns nicht von diesen unseren Feinden: der Welt, dem Teufel und dem Fleisch, besiegen.
17. Vor allem, meine Schwester, habt immer die Liebe; sie ist die Mutter aller Tugenden.
Meine Schwester, der Schmerz quält mich sehr und lässt mich nicht weiterschreiben. Ich möchte ein wenig ausruhen, da ich Euch gern, lange und ausführlich schreiben möchte, weil ich nicht weiß, ob wir uns in diesem Leben jemals wiedersehen werden. Jesus Christus sei mit Euch und Eurem ganzen Haus etc. ...